Gespräch mit Dr. Tobias Jacquemain, Vorsitzender der SPD Mülheim/Buchforst
mit Eva Rusch
Illustration: Eva Rusch
Welche umweltpolitischen Forderungen sehen Sie für den Stadtteil und den Bezirk Mülheim am dringlichsten an?
Der Clevische Ring mit der Stickoxid- und Feinstaubbelastung steht im Vordergrund. Herr Lauterbach als Arzt und Gesundheitspolitiker hat zu den Auswirkungen dieser Belastungen auf die Bevölkerung regelmäßig Veranstaltungen in Mülheim gemacht. Dies ist leider noch nicht in breiteren Kreisen der Bevölkerung angekommen. Das wird vielleicht noch dauern. Zukünftig wird man aber neben dem Wetterbericht auch informiert sein wollen, wie die aktuellen Feinstaub- und Stickoxidwerte sind. Es wird in der Bevölkerung ein hohes Bewusstsein entstanden sein, wie hoch die Gesundheitsgefährdung durch diese Schadstoffe für die Menschen ist.
Was halten Sie von Sanktionen wie zum Beispiel Fahrverbote?
Es wird viel über Fahrverbote für Dieselkraftfahrzeuge geredet. Dies sehe ich als Sozialdemokrat skeptisch, weil ich die Dieselbesitzer auf diesem Wege nicht enteignen will. Wenn man die Dieselautos durch Normalbenziner ersetzt, bleibt der Fahrverkehr genau derselbe. Zwar sinken die Stickoxidwerte, aber die Feinstäube steigen sogar. Die Gesundheitsgefahr wäre also nicht beseitigt.
Welche Ideen haben Sie für einen Ausbau des ÖPNV?
Wir fordern seit langem eine Busspur auf dem Clevischen Ring. 2017 war ich persönlich mit Karl Lauterbach bei bei dem Vorstandsvorsitzenden Jürgen Fenske der KVB. Wir haben damals schon darauf hingewiesen, dass Mülheim gerade wegen dieser starken Belastung, die neue angeschafften E-Busse mit Abstand am meisten verdient hat. Stattdessen lässt die KVB diese Busse jetzt durch die Südstadt, Bayenthal und Zollstock fahren.
Wie schätzen Sie die diskutierte Straßenbahnlinie von Deutz über Mülheim nach Opladen ein?
Eine neue Fahrbahnlinie von Deutz bis Opladen für die KVB ist Ambition. Neue E-Buslinien ließen sich schneller umsetzen. Da fehlt es leider am politischen Geschäftswillen, diese nach Mülheim zu lotsen. Genau wie die Busspur auf dem Clevischen Ring. Das wäre eine einfach umsetzbare Maßnahme.
Welche Maßnahmen zur alternativen Energiegewinnung kann die Stadt umsetzen?
Einfach umsetzbar, wie ich im Gespräch mit dem Umweltdezernenten letzte Woche diskutiert habe, wäre es, die städtischen Immobilien, wie zum Beispiel Schulen und Kindergärten mit Photovoltaik auszurüsten, um damit zumindest für den Eigenbetrieb sauberen Strom zu produzieren. Eine charmante Idee, wie ich dem Dezernenten Harald Rau, auch wenn er einer anderen Partei angehört, zustimmen muss.
Was ist die besondere Position der SPD in Mülheim zum Klima- und Umweltschutz?
Wir haben mit unserem Engagement, insbesondere mit Herrn Lauterbachs Expertise zum Thema Feinstaub, die Zusammenhänge zwischen Umweltschutz und Gesundheitspolitik aufgezeigt und damit auch die Frage nach sozialer Gerechtigkeit gestellt. Es kommt nicht von ungefähr, dass in einem Stadtteil wie Mülheim die Werte so hoch sind und nicht in Müngersdorf oder Junkersdorf, dass der Verkehr gerade hier durchgelotst wird. Die Sanierung der Leverkusener Autobahnbrücke ist zugegebenermaßen ein ungünstiger Umstand, der nicht in die kommunale Verantwortung fällt.
Haben Sie noch ein weiteres Klimaschutz-Thema, dass Ihnen wichtig ist?
Der Rhein und Schifffahrtsverkehr liegen mir noch am Herzen. Schönes Wohnen am Strom und nahe bei den Schiffen war in meiner Kindheit eine Assoziation, mittlerweile und mit erwachsenem Blick hat sich das geändert. Man sieht den Rhein als den Verkehrsweg mit den größten Dreckschleudern. Schifffahrtsdiesel ist der ungereinigte Diesel, der ohne jeglichen Katalysator verbrannt wird und bei aller Attraktivität, die das Bild, wohnen am Rhein schafft, ist das geprägt von den höchsten Immissionen. Das ist nicht ohne.
Vielen Dank für das Gespräch!
AKTUELLE FEINSTAUBSTÄNDE AN DER MESSSTATION CLEVISCHER RING
www.lanuv.nrw.de/umwelt/luft/immissionen/aktuelle-luftqualitaet/
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