Das Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste muss weiterarbeiten können
von Eva Rusch
Illustration: Eva Rusch
Eine erstaunlichen Allianz von Politiker*innen aller Fraktionen, außer der AfD, äußert sich am letzten Freitag, 14. Februar 2020, in einer gemeinsamen Presserklärung zur Zukunft des Otto-Langen-Quartiers in Köln-Mülheim. Dies ist dem unermüdlichen Einsatz der Initiatoren Anja Kolacek und Marc Leßle von raum13 zu verdanken, die seit mehr als sieben Jahren den unter Denkmal stehenden ehemaligen KHD-Verwaltungstrakt entlang der Deutz-Mülheimer Straße vor dem Verfall retten und zum Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste ausgebaut haben. Dringender Handlungsbedarf entstand durch die Tatsache, dass der Vermieter Gottfried Eggerbauer dem Künstlerkollektiv zum 30. April 2020 gekündigt hatte und Verhandlungen mit ihm (bislang) scheiterten.
Politik und Baudezernent sind sich einig: Das Otto-Langen-Quartier einschließlich des Verwaltungstraktes muss dem freien Markt entzogen werden, um Raum und Zeit zu gewinnen für eine „andere“ Art der Stadtentwicklung. Umgeben von Entwicklungskonzepten von großen Vertretern der Immobilienwirtschaft und von privaten Investoren im Mülheimer Süden, kommt dem von raum13 beschienenen Otto und Langen Quartier eine besondere Bedeutung zu. Es ist die letzte Chance der öffentlichen Hand, Stadtentwicklung jenseits freiwirtschaftlicher Ordnungsmechanismen zu ermöglichen.
Entsprechende politische Instrumente sind nun in Vorbereitung, wie eine Veränderungssperre oder das Aussprechen eines Sanierungsgebietes. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung für den Mülheimer Süden. Die Chancen stehen gut. Nun sollte auch das Land NRW als Eigentümerin der Liegenschaft mit seinem Bau- und dem Finanzministerium, Köln in ihrem dringlichen Verlangen nach sozialer Stadtentwicklung beipflichten und die kommunalen Bestrebungen unterstützen. Auch der Privatinvestor Eggerbauer möge seine Preisvorstellungen noch einmal überdenken und der Stadt einen günstigeren Preis anbieten. Schließlich muss er nach der vermutlich jüngst abgelaufenen 10-Jahresfrist den Gewinn an seinem Verkauf nicht versteuern!
Ich besuche das Deuter Zentralwerk der Schönen Künste seit vielen Jahren und wurde immer wieder inspiriert vom Ort und den künstlerischen Interventionen durch raum13. Nicht nur die Dekoration der Damentoilette prägte sich mir ein. Da es ja in der Zeit als Verwaltungsgebäude der KHD keine Frauentoiletten gab, wurden die Herrenpissoirs mit Blumentöpfen umgedeutet. Vergänglichkeit, Moos, Ende des Industriezeitalters, Konversion, Ruine, Transformation. Dem Künstlerpaar und seiner Crew gelang es in den letzten Jahren weit über Köln hinaus Menschen für den Ort zu begeistern und die Augen für die Außergewöhnlichkeit der Räumlichkeiten zu öffnen.
Zunächst startete man als Theater in inspirierendem maroden Industrieflair. Aber bald erkannten die Macher*innen Anja Kolacek und Marc Leßle, dass dieser Industrieboden mehr ist als eine malerische Spielstätte. Der Genius Loci wirkte tief. Beide erkannten im Austausch mit Künstler*innen und Wissenschaftler*innen in der Geschichte des Ortes den Spiegel von Arbeits- und Sozialgeschichte. Aber auch als Nukleus heutiger und zukünftiger Fragen nach lebenswerter Stadtentwicklung sollte er taugen. Die Idee des „Stadtraumlabors“ manifestierte sich. Künstler*innen, Forscher*innen, Expert*innen und Politiker*innen zeigten sich immer wieder begeistert von der Arbeit des Kunstprojektes und dem Potential als „Reallabor für Stadtentwicklung“.
Ich bin hoffnungsfroh, dass dieser Ort als ein ganz besonderen Ort für Köln und Mülheim erhalten bleibt und weiterhin überregionale Strahlkraft entwickeln wird. Ist die Liegenschaft erst einmal gesichert, so schließen sich direkt die nächsten Aufgaben an. Mülheimia Quarterly hat in ihrer Berichterstattung und auch in ihrer aktuellen Ausgabe mit zum positiven Meinungsbild beigetragen. Es gilt dranzubleiben. Denn noch ist nichts in trockenen Tüchern.
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