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Stolze standfeste Stadtgöttin

Stadtbrunnen Mülheimia

von Lukas Stahl 

Foto: Thomas Sawer

 

Alt-Mülheim.  Mülheimia – herrje, schon der Name allein. So prachtvoll, stolz und selbstbewusst. Ein Name der einer Göttin gebührt. Und so war es eben jene, die spätere Stadtgöttin von Mülheim, die einem der spannendsten Baukunstwerke unseres Stadtteils ihren Namen schenkte, um fortan von seiner Spitze über die Stadt und ihre Bürger zu wachen. Der Mülheimia-Brunnen erzählt uns noch heute von einer stolzen und eigensinnigen Identität der freien Handelsstadt Mülheim am Rhein, die damals so gar nicht vor einem Vergleich mit ihrer großen Konkurrentin auf der anderen Rheinseite zurückschreckte.

 

Dieser Mythos ist eine Kreation des Mülheimer Bürgertums, das den Brunnen an der Mülheimer Freiheit, Ecke Krahnenstraße aufstellen ließ. Vor 134 Jahren beauftragte es den Bildhauer Wilhelm Albermann, seinerzeit ein bekannter Meister seines Fachs. Nach seinem Entwurf wurden drei Burschen in Sandstein gearbeitet. Hoch auf Ihren Schultern, stark und unerschütterlich, trohnt die Stadtgöttin. Die Burschen symbolisieren mit der Landwirtschaft, der Industrie und dem Handel die drei wirtschaftlichen Säulen des florierenden Mülheims und „schultern“ bis heute verlässlich ihre Aufgabe – zumindest symbolisch. Bombenkrieg, Hochwasser und Eingemeindung zum Trotze.

Heute ist die Gefahr eine andere. „Alle zwei Jahre, manchmal dauert es etwas länger, bis wieder ganze Teile ersetzt oder neu angebracht werden müssen,“ weiß Manfred Büchner zu berichten. Er ist der Steinmetz aus Mülheim, der den Brunnen die letzten beiden Male im Auftrag der Stadt wiederhergerichtet hat. Zuletzt im November 2017. Im Frühjahr hatte ein LKW, dessen Fahrer nie identifiziert werden konnte, den Brunnen ramponiert. „Der Brunnenkörper hat zwar ein paar Haarrisse, aber der ist sehr massiv und daher auch stabil,“ erklärt Büchner. „Insgesamt steht der Brunnen seit 1884 sehr gut da, aber einige Dinge müsste man schon machen.“ Was Büchner damit meint, sind die fehlenden, abgebrochenen Teile, wie etwa die Hand einer Knabenfigur oder die abgebrochenen Stücke an den geflügelten Löwen. „Eigentlich ist er das Wahrzeichen Mülheims, da sollte man einmal alles grundlegend Instand setzen.“ Er weiß jedoch, dass der Stadt dafür die finanziellen Mittel fehlen. Eine ernüchternde Feststellung, ebenso wie die Gewissheit, dass sich früher oder später wieder eine Blechkarosse auf Abwege begeben wird. Zu nah steht der Brunnen an der Straße, als dass er sich dieser täglichen Gefahr entziehen könnte.

 

Und so wird sich Mülheimia die Sorge um den Verkehr im Stadtteil wohl noch einige Jahre mit ihrem Volk teilen – ganz wie es sich als Schutzpatronin gehört. Wollen wir hoffen, dass ihr fester Stand von der fehlenden Knabenhand nicht abhängt.


Mülheimia Brunnen. Foto: Thomas Sawer
Mülheimia Brunnen. Foto: Thomas Sawer

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