GELEITWORT VON Dr. h. c. ADENAUER, OBERBÜRGERMEISTER DER STADT KÖLN A. D.
Ein Blick auf die Karte zeigt die Bedeutung der neuen Brücke für die Entwicklung Kölns. Bisher war die Verbindung zwischen dem linksrheinischen und dem rechtsrheinischen Köln auf zwei in der Mitte des Stadtgebiets und nahe beieinanderliegenden Straßenbrücken beschränkt – die Mülheimer Schiffbrücke kam, da fast stets ausgefahren, als Verkehrszug nicht mehr in Frage-. Nunmehr ist der volksreiche Stadtteil Mülheim durch die neue Brücke mit dem nördlichen linksrheinischen Köln und dem großen neuen Industriegelände verbunden. Die neue Brücke wird wie die Museumsbauten, das Ausstellungsgelände und der Rheinpark in starkem Maße dazu beitragen, die linksrheinische und die rechtsrheinische Stadt auch gefühlsmäßig zu einer Einheit zu verschmelzen. Sie wird auch helfen, den Verkehr von der überfüllten linksrheinischen Altstadt abzulenken und das wirtschaftliche Leben in den Außengebieten Kölns zu befruchten.
Brücken sind Bauwerke eigner Art. Sie fesseln immer die Aufmerksamkeit der sie Benutzenden, und es gibt kaum ein anderes Bauwerk, das von so vielen benutzt wird wie eine verkehrsreiche Brücke. Zwei Künste müssen in ihr vereint sich auswirken können: die Kunst des Technikers und die Kunst des Architekten. Wenn beide, Techniker und Architekt, ungezwungen und ungehemmt ihrem Geiste und ihren Gesetzen folgend zu einem einheitlichen Werk gelangen, dann entspringt ihrer gemeinsamen Arbeit eine Blüte menschlichen Schaffens: ein Kunstwerk!
Ich glaube, daß unsere neue Brücke ein Kunstwerk ist: von gigantischem Ausmaß, den Beschauer mit Ehrfurcht erfüllend vor dem Werk der Technik; durch ihre grandiose Einfachheit und Klarheit der Linien das Auge des Betrachtenden entzückend. Entzücken wird auch die Seele dessen erfüllen, der von ihr aus den Blick schweifen läßt über den mächtigen Strom hinüber zur alten Stadt und den Türmen des Domes.
Lob und Dank sei den Männern, die sie erdacht und die sie geschaffen. Die Konzeption war ein großer Gedanke, die Verwirklichung ein schweres Werk. Glühendste Sommerhitze, schneidendste Winterkälte sind über den Bau dahingegangen. Noch dröhnen in unseren Ohren die Schüsse, welche in kalter Winternacht die Eismassen zerstörten, die dem halbvollendeten Werk Untergang drohten. Dankbar gedenken wir aller, die mithalfen; dankbar und in Ehrfurcht vor allem auch derer, die ihr Leben beim Bau ließen.
Die Brücke werde ein neues Wahrzeichen unserer schönen Stadt! Möge sie viele, viele Jahre friedlicher und glücklicher Entwicklung schauen!
Aus: Neue Rheinbrücke in Köln-Mülheim. Festschrift zur Eröffnungsfeier am 13. Oktober 1929, herausgegeben von der Stadt
Köln
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